Osteopathie bei lagebedingter Schädelasymmetrie (Plagiozephalie) von Säuglingen – was sagt die Forschung?
- OSTEORAUM Luisa Marie Schmidt
- 24. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Wenn der Kopf Ihres Babys nicht mehr rund ist
Viele Eltern bemerken nach einigen Wochen, dass der Kopf ihres Babys auf einer Seite abgeflacht ist, sich eine "Lieblingsseite" bei der Kopfrotation eingestellt hat oder der Kopf eine Schieflage zeigt.
Diese Formveränderung können auf eine lagebedingte Schädelasymmetrie (Plagiozephalie) hindeuten.
Wenn Babys bevorzugt auf einer Seite liegen oder sich noch nicht selbst aktiv genug drehen können, kann es zu dieser Formveränderung kommen. Dabei kann auch die Geburtsgeschichte relevant sein. Der Schädel ist in den ersten Monaten sehr weich und formbar – das ist physiologisch, macht ihn aber auch empfindlich gegenüber dauerhaftem Druck.
Die Forschung zeigt, dass fast jedes zweite Baby in den ersten drei Lebensmonaten eine solche Asymmetrie entwickelt.¹
Das bedeutet: Plagiozephalie ist weit verbreitet und verdient Aufmerksamkeit, um die optimale Entwichlung des Babys zu gewährleisten. Denn je früher auf die Kopfform geachten wird, desto besser kann man durch verschiedene Therapieoptionen unterstützen. Neben den Untersuchungen durch Kinderärzt:innen und Hebammen, Lagerungsübungen, Physiotherapie und in stark ausgeprägten Fällen der Helmtherapie, kann die osteopathische Behandlung eine mögliche Option sein den betroffenen Säugling zu untersuchen und sanft zu behandeln um wenn möglich Einfluss auf die Schädelasymmetrie zu nehmen.
Doch wie wirksam ist die osteopathische Behandlung von Babys wirklich bei lagebedingter Schädelasymmetrie? In den folgenden Abschnitten wird eine aktuelle Studie vorgestellt, um evidenzbasiert abzuschätzen zu können, wie groß der Nutzen von Osteopathiebehandlungen sein kann.
Eine randomisierte, kontrollierte Studie von Bagagiolo et al.
Ein Forschungsteam um D. Bagagiolo untersuchte in einer klinischen, randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) – also die hochwertigste Form klinischer Forschung - ob osteopathische Behandlungen helfen können, Schädelasymmetrien bei Babys zu verringern: A Randomized Controlled Trial of Osteopathic Manipulative Therapy to Reduce Cranial Asymmetries in Young Infants with Nonsynostotic Plagiocephaly.
Die Ergebnisse wurden 2022 im American Journal of Perinatology veröffentlicht².
In der Studie mit 96 Säuglingen zwischen 1 und 6 Monaten erhielt eine Untersuchungsgruppe sechs osteopathische Sitzungen zusätzlich zu den üblichen Lagerungsempfehlungen.
Die Vergleichsgruppe bekam dieselben Lagerungstipps und sechs Sitzungen mit sanfter Berührung, jedoch ohne gezielte osteopathische Techniken.
Ziel war es herauszufinden, ob sich die Kopfform – gemessen mit dem sogenannten ODDI-Wert (Oblique Diameter Difference Index) – verbessert.
Die Studienergebnisse:
Nach drei Monaten zeigte sich ein deutlicher Unterschied:
In der osteopathisch behandelten Gruppe war der Anteil der Babys mit einer nahezu symmetrischen Kopfform (ODDI < 104 %; p < 0,001) signifikant höher als in der Kontrollgruppe.
Auch nach einem Jahr blieb dieser Unterschied bestehen – die positiven Effekte hielten also an (p < 0,001)
Besonders wichtig: Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Die Behandlungen waren sicher und gut verträglich.
➜ Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass eine Kombination aus gezielter Lagerungsberatung und osteopathischer Behandlung eine wirksame Möglichkeit darstellt, um lagebedingte Schädelasymmetrien zu verbessern – vor allem, wenn frühzeitig begonnen wird.
Was bedeutet das für Eltern?
Wenn Sie bemerken, dass Ihr Baby bevorzugt auf einer Seite liegt oder der Kopf eine Abflachung zeigt, lohnt sich ein genauer Blick. Zunächst ist es selbstverständlich ratsam eine kinderärztliche Meinung einzuholen und sich Hilfe von Ihrer betreuenden Hebamme zu holen. In vielen Fällen können einfache Lagerungswechsel, Bauchlage unter Aufsicht oder Anreize zum Drehen helfen.
Ergänzend kann die Osteopathie helfen, die Beweglichkeit des Körpers sanft zu fördern – besonders, wenn Vers
pannungen im Nacken oder Schädelbereich die Kopfdrehung einschränken. Osteopath:innen arbeiten mit sehr feinen Techniken, um Spannungen wenn möglich zu lösen, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu fördern und dem Schädel die Möglichkeit zu geben, sich wieder harmonisch zu entwickeln.
Fazit
Die Forschung zeigt evidenzbasierte, signifikante Ergebnisse:
Osteopathische Behandlung kann, ergänzend zur ärztlichen Betreuung, eine sichere und wirksame Unterstützung bei lagebedingter Schädelasymmetrie sein.
Wie immer gilt, dass auch in diesem Forschungsgebiet weitere, groß angelegte Studien nötig sind um langfristig mehr aussagekräftige Ergebnisse liefern zu können.
Dennoch zeigt sich: Durch gezielte, sanfte Techniken können sich Spannungen lösen, die Beweglichkeit gefördert und die natürliche Kopfform unterstützt werden – für mehr Wohlbefinden und Entwicklungsspielraum Ihres Babys.
➜ Wenn Sie nun neugierig geworden sind wie eine osteopathische Behnadlung abläuft, begrüße ich Sie gerne in meiner osteopathischen Praxis in Hamburg-Winterhude. Dort begleite ich Eltern und Babys individuell, sanft und ganzheitlich – immer angepasst an Alter, Entwicklung und Bedürfnisse der Patient:in.
Quellen
¹ Ballardini E, Sisti M, Basaglia N, Benedetto M, Baldan A, Borgna-Pignatti C, Garani G.Prevalence and characteristics of positional plagiocephaly in healthy full-term infants at 8–12 weeks of life. Eur J Pediatr. 2018 Oct;177(10):1547–1554. DOI: 10.1007/s00431-018-3212-0. PubMed
² Bagagiolo D, Priolo C G, Favre E M, Pangallo A, Didio A, Sbarbaro M, Borro T, Daccò S, Manzoni P, Farina D. A Randomized Controlled Trial of Osteopathic Manipulative Therapy to Reduce Cranial Asymmetries in Young Infants with Nonsynostotic Plagiocephaly. Am J Perinatol. 2022;39(S1):S52–S62. DOI: 10.1055/s-0042-1758723

Kommentare